Leinstetten – eine Perle im Glatttal
Dieser Ort, an der Einmündung des Heimbachs in die Glatt gelegen, hat eine interessante und geschichtsträchtige Vergangenheit.
Erste urkundliche Erwähnung im Jahre 1085
Die erste urkundliche Erwähnung eines Ortsadeligen finden wir im Schenkungsbuch des Klosters Reichenbach im Murgtal aus dem Jahre 1085. Manegolt von Leinstetten (Linstetin) schenkt dem Kloster die Hälfte eines umzäunten Weihers und ein dabeigelegenes Gut in “Grasegenow” samt den Berg Schwarzenberg. Im Schenkungsbuch dieses Klosters Reichenbach sind mehrere Ortsadelige von Leinstetten erwähnt.
Historische Schlacht um die Nachfolge des deutschen Königs vom 17. April 1298,
Das Wappen der Herren von Leinstetten zeigt auf einem Siegel im Schild 3 Sterne. Dasselbe Wappen finden wir auch bei den Herren von Brandeck, derer von Hochmössingen und von Rüti. Die Herren von Leinstetten sind von 1085 bis 1507 nachgewiesen und ein Revers von 1359 bezeugt, dass sie Dorf und Burg Leinstetten von denen zu Hohenberg als Lehen hatten. Hugo von Leinstetten machte im Kloster Alpirsbach Karriere und war dort von 1415 bis 1432 Abt. Ende des 15. Jahrhunderts starb diese Linie aus.
In dieser Zeit der Herren von Leinstetten ereignete sich die historische Schlacht um die Nachfolge des deutschen Königs vom 17. April 1298, in der Albert II von Hohenberg im Kampf gegen den Herzog von Baiern mit seinen Getreuen den Tod fand. Dieser Kampf des Minnesängers ist in der berühmten Mannesischen Liederhandschrift dargestellt.
Im 13. Jahrhundert werden erstmals Ritter von Bettenhausen urkundlich erwähnt und 1296 auch die Herren von Lichtenfels. Sie können eine Seitenlinie der Herren von Dettingen und von Bellenstein sein, denn sie führten dasselbe Wappen. Ende des 14. Jahrhunderts verkauften die Lichtenfelser ihre Besitzungen in Böffingen, Bellenstein, Dettlingen, Dietersweiler, Wittendorf, Seebronn und Wittlensweiler dem Oheim von Neuneck. Später übernahmen die Neunecker und Leinstetter die restlichen Besitzungen. Das Geschlecht derer von Lichtenfels erlosch um 1601.
Herren von Bubenhofen – 1474
Dann kamen die Herren von Bubenhofen, die 1474 Schloß und Dorf Leinstetten kauften und 300 Jahre als Gutsherren im Besitz hatten.
Wappenschild der Herren von Bubenhofen
Sie waren Ende des 15. Jahrhunderts eine der reichsten Niederadelsfamilien, deren Stammsitz eine Burg bei Rosenfeld war und die im Dorf Geislingen eine weitere Burg bauten. Als württembergischer Landhofmeister war Hans von Bubenhofen eine bedeutende Persönlichkeit seiner Zeit und in der Hofkirche in Urach ist sein Bildnis auf einer Glasscheibe verewigt.
Die Bubenhofer gehörten zur Rittergesellschaft des St. Jörgenschildes, einer Vereinigung des schwäbischen Adels und kamen so in die Liste des Ritterkantons Neckar-Schwarzwald. Ein schönes Wappenschild erinnert an Hans Caspar von Bubenhofen und ist noch in der Seitenkapelle an der Decke der St. Stephanuskirche in Leinstetten zu sehen. Erzherzogin Mechthild hat die von Bubenhofen mit Leinstetten belehnt und später kam durch die Grafen von Württemberg der Lichtenfels als Lehen hinzu.
Wappen des Stifters am Spital
Hans Marx der Jüngere von Bubenhofen hat einen besonderen Platz in der Leinstetter Geschichte. Da seine junge Frau bereits nach 6 Jahren kinderloser Ehe 1550 verstarb, machte er sich in seiner Trauer auf zur Wallfahrt nach Santiago de Compostella.
In einem in Horb verfassten Testament mit 20 Punkten stiftete er aus dem Vermögen seiner Frau unter anderem ein Spital und Almosen für die Dörfer Bettenhausen und Leinstetten sowie Geld für den Kirchenneubau. Das Spital neben der Kirche existiert heute noch.
Auferstehungsbild
Von seinem Nachfahren Hans Marx III von Bubenhofen existiert neben dem Grabstein in der Leinstetter Kirche auch in der St. Konradskirche in Bettenhausen ein kunstvolles Auferstehungsbild mit den Wappen beider Ehegatten aus dem Jahre 1596.
Im 17. und 18. Jahrhundert verarmte die Familie von Bubenhofen und die Schulden wuchsen, so dass der Ritterkanton das Rittergut am 18. Dezember 1783 in öffentlicher Versteigerung in Tübingen an den ansbachischen Geheimrat Philipp Jakob von Frank aus Straßburg verkaufte, dem nun die beiden Dörfer Bettenhausen und Leinstetten mit dem Burgstall (Ruine) Lichtenfels gehörte.
Freiherrr Philipp Jakob von Frank – 1783
In der Chronik von Pfarrer Koch steht, dass Freiherrr Philipp Jakob von Frank vieles an den Schloßgebäuden und Gütern verbessern ließ und die Anlagen verschönerte. Er hielt sich im Sommer mit seiner Gemahlin, einer geborenen Freiin von Türkheim, in Leinstetten auf.
Grab des Freiherr von Frank
Gegen eine Abgabe von 2 Gulden befreite er die Untertanen von den Frondiensten und gab das Schloßgut 30 Bürgern in Pacht. Seine Besitzungen erlebten in dieser Zeit einen gewissen Wohlstand.
Am 12. Oktober 1789 starb er im Alter von 43 Jahren in Leinstetten am “Schlagfluß”. Da er als Protestant keinen Platz auf dem Friedhof an der Kirche fand, wurde er in der Nähe seines Schlosses, am Berg, vom evangelischen Pfarrer aus Fürnsal begraben. Damals führte eine Pappelallee zum Grab. Die Witwe ging zurück nach Straßburg.
Graf Ludwig Friedrich Eberhard von Sponeck – 1790
Das Rittergut wurde am 2.7.1790 an eine Seitenlinie des württembergischen Herzoghauses, an Graf Ludwig Friedrich Eberhard von Sponeck, verkauft. Dieser führte 1792 das Marktrecht mit 4 Jahrmärkten ein, um seine Einnahmen zu maximieren. Dazu kamen beim Schloß eine Leinwandbleiche und eine Walke.
Ende 1805 ermächtigte Napoleon den Regenten von Württemberg, Herzog Friedrich, auch die Güter der gesamten Reichsritterschaft in Besitz zu nehmen. Dieser Besitzübergang brachte eine entscheidende Wende, denn die Lehensrechte des Hauses Österreich endeten nun und die beiden Dörfer gehörten ab sofort zum Hause Württemberg.
Nachdem seit Januar 1806 Bettenhausen und Leinstetten zum neuen Königreich Württemberg gehörten, galten württembergisches Recht, die Maße und Gewichte. Die jungen Männer waren verpflichtet sich zum Wehrdienst mustern zu lassen und bereits beim Feldzug Napoleons gegen Rußland waren die ersten dabei.
Der Graf von Sponeck starb 1810 in Leinstetten kinderlos und wurde in der Pfarrkiche beerdigt. Sein Bruder starb ebenfalls kinderlos und da die Sponeck’schen Erben ihren Wohnsitz in Mömpeldgard (Montbéliard) hatten, versuchten sie das Gut zu veräußern.
Oberamtmann Franz Jakob Mattes – 1827
1827 kaufte der hohenzollerisch-sigmaringensche Oberamtmann Franz Jakob Mattes aus Glatt das Gut. Dieser war als “Güterschlächter” bekannt und verkaufte die einzelnen Schloßgüter sowohl an die bürgerliche Gemeinde als auch an Bürger, um so zu mehr Reichtum zu gelangen.
Am Schluß blieb nur das Schloß mit den umliegenden Wiesen und Gärten übrig, das er 1834 an die Kaufleute Flix und Kirchner in Oberndorf veräußerte. Der geplante Einbau einer Zichorienfabrik ins Schloß unterblieb und 1837 wurde der Rest des Rittergutes an Oberst Freiherr von Batz verkauft, der sich ihm annahm und es verschönerte und so vor dem Verfall bewahrte. Er ließ aber 1838 das alte Schloßgebäude abbrechen.
Kammerherr Edwin Carl Friedrich Bogislav von Podewils – 1847
10 Jahre später im Jahre 1847 erwarb der Kammerherr Edwin Carl Friedrich Bogislav von Podewils aus Stuttgart das Rittergut , um dadurch in Stuttgart Standesrecht zu bekommen.
Er vermählte sich 1849 mit der Verlegertochter Elisabeth Ernestine Amalie Freiin von Cotta. Sie verbrachten die Sommermonate in Leinstetten, ansonsten wohnten sie in Stuttgart.
Edwin von Podewils starb 1869 im Alter von 50 Jahren. Die Familien von Podewils besitzen und bewohnen noch heute die Schloßgebäude und die dazugehörigen Ländereien.
Das 19. Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert brachte einen großen Wandel im dörflichen Leben. Die beiden katholischen Dörfer in einem protestantischem Umland mussten sich behaupten. 1829 verlegte man den Friedhof auf Anordnung des Königs von der Kirche an den Dorfrand. Es waren alle Handwerksberufe in Leinstetten vertreten. 1844 wurde aus der früheren Wirtschaft “Krone” das heutige Rathaus mit Schule und Lehrerwohnung. Etwa ein Viertel der männlichen Bevölkerung war in der Flößerei beschäftigt. Nach Aufhebung der Flößerei ca. 1900 wurde die Landesstraße gebaut.
Das 20. Jahrhundert
Im 20. Jahrundert wurden die Quellen im Grieß und Buch gefasst und damit kam um 1902 die öffentliche Trinkwasserversorgung. 1909 begann die Elektrifizierung des Dorfes mit der Überlandleitung von der Elektrizitätsgesellschaft Glatten. Die Hospitalstiftung erhielt eine Schwesternstation für ihre sozialen Aufgaben. Eine größere Feldbereinigung mit den Grundstücke beim Kaltenhof wurde 1920/1922 durchgeführt. 1929 baute die Gemeinde eine Autohalle für die Postbusse gegenüber dem Schloss, damit eine öffentliche Verkehrsverbindung gewährleistet wurde.
Nach Kriegsende mußten Ostflüchtlinge notdürftig auch im Schul- und Rathaus untergebracht werden, die meisten zogen später weiter. Als Pfarrer Schmid 1947 den Neubau der St. Stephanuskirche veranlasste, half die ganze Bevölkerung tatkräftig mit.
1954 trat die Gemeinde der Fremdenverkehrsgemeinschaft Glattal bei, in der Hoffnung, durch die gemeinsame Werbung für den gesamten Raum von Aach bis Glatt Touristen anzulocken. 1961/1962 wurde ein neues Schulhaus mit 4 Klassenzimmern, einer Turnhalle plus einem Lehrerwohngebäude gebaut. 1966 entschlossen sich die Gemeinden Bettenhausen und Leinstetten eine gemeinsame Bürgermeisterstelle auszuschreiben.
Freibad in Bettenhausen
Auf dem Höhepunkt des Fremdenverkehrs gründeten die Gemeinden Bettenhausen, Dürrenmettstetten, Fürnsal, Hopfau und Leinstetten den Fremdenverkehrszweckverband mit dem gemeinsamen Ziel ein beheiztes Freibad für das Glatttal zu bauen. Dieses Freibad konnte 1972 auf der Anhöhe bei Bettenhausen mit der finanziellen Unterstützung des Landes und des Landkreises Horb in Betrieb genommen werden.
Das Land Baden-Württemberg versprach sich durch eine Verwaltungsreform Ende der 60-er Jahre eine Stärkung der Verwaltungskraft. Zuerst wurde die Kreisreform durchgesetzt und Bettenhausen und Leinstetten wurden gegen den Willen der Bevölkerung dem Kreis Rottweil und damit dem Regierungspräsidium Freiburg zugeteilt.
Zur Erinnerung: erst gehörten die Orte im Königreich Württemberg zum Oberamt Sulz, dann kam 1937die erste Kreisreform und dabei wurde Sulz dem Oberamt Horb und 1972 nun dem Kreis Rottweil zugeordnet.
Gemeindereform – 1. März 1972
Für die Bevölkerung blieb nach hartem Ringen und starkem Widerstand in der neuen Gemeindereform keine Wahl mehr und so wurde aus den selbständigen Gemeinden Bettenhausen, Dornhan, Fürnsal, Marschalkenzimmern und Leinstetten zum 1. März 1972 die neue Stadt Dornhan. Man verzichtete bewußt auf einen gemeinsamen “Kunstnamen” für die neue Stadt.
Autor: Fritz Peter
Veröffentlicht am: 11. März 2018