Stuttgart-Stadtbild

Für die DienstagsWanderer kein Problem.

Dienstag, 11.11.2025

Ein wunderschöner Tag in der Landeshauptstadt. Die Zugfahrt ab Horb wie immer von Fritz perfekt organisiert. Durch zwei Abmeldungen, Franz hatte sich vermutlich unter der Freilanddusche erkältet, Bruno hatte sich beim Kniefall vor seiner Frau das Knie verletzt, waren drei Metropole-Tickets genau richtig.

Somit mussten 15 Kameraden in Böblingen vom Zug in die S-Bahn umsteigen. Der 16te empfing die Gruppe in den Tiefen des Hauptbahnhofs. Vom ländlichen Bahnsteig in Horb direkt ins Gewühl, Gewusel, Gedränge der hin und her hetzenden Menschenmenge einer Großstadt. Grausam. Rolltreppe, Fleischkäsweckle, Rolltreppe. WC geschlossen. Flugs ins Kaufland, Rolltreppe, 16 Mann im Gänsemarsch vorbei an prall gefüllten Kleiderständern, staunenden Verkäuferinnen und hinein, oha, in das 70 Cent teure WC. Erleichtert ging’s wieder zur S-Bahn und entspannt hinaus in die Bottroper Straße.

Auf einer überdimensionalen Sonnenuhr über der Tunnelröhre konnte man die Zeit – nein konnte man nicht, denn die Sonne hatte es noch nicht geschafft um die Hausecke zu scheinen. Noch drei Mal wurden diszipliniert bei Grün verkehrsreiche Straßen überquert und plötzlich war man in einer Gallerie von Hecken unterwegs. Gemütlich ging es dahin. Oben am Hang die mit buntem Laub verzierten Rebstöcke, unten, man glaubt es nicht, vermutete einer die Donau. Zahlreiche Garten- oder Wochenendgrundstücke wurden durchquert. Die einen gepflegt, die anderen verwildert, der Natur überlassen. Im Liegestuhl eine Frau die Sonne genießend, weiter unten ein Mann beim Säubern des Wassergrabens. Idylle pur.

Da kamen dem in einem Teilort der Kleinstadt Sulz wohnenden Albrecht sehnsüchtige Gedanken, hier in der Stille, in der Einsamkeit sich ein Areal zu kaufen. Auf seine Frage nach dem Quadratmeterpreis bekam er die eindeutige Antwort: „Weiß ich nicht, weil ich auch gar nicht verkaufen möchte“. Fertig, abgeblitzt.

D Necker

Tanz ond Musik ghert zur Kirbe – ond dr Hochzichstrauss zur Braut ond zur Fasnet gheret mirbe Kiachla – ond d Speck ins Kraut

ond zur Taifete ghert’s Kendle – ond zom Gaigel ghert an Trompf ond d Necker ghert ins Ländle – als sei Herzstuck ond Triompf.

So hatten es zumindest die Leinstetter Kameraden bei Lehrer Missel gelernt. Und nun schlenderte man an dessen Ufer entlang. Rechts der Fluss, links die Weinberge des Zuckerbergs. Eine renommierte Weinlage in Cannstatt, bekannt für die extrem steilen, terrassierten Hänge. Logischerweise waren auch Weingüter mit einladenden Besenwirtschaften am Straßenrand angesiedelt. Cannstatter Zuckerle war angeschrieben. Wer kennt ihn nicht, diesen edlen Tropfen? Man konnte ihn förmlich riechen, den Trollinger, der nach Kirschen und Granatapfel, sowie Erdbeeren und Hagebutten duftete. Der Hals wurde trocken, die Zunge klebte am Gaumen, aber kein Tröpfchen war den Wanderern vergönnt. Und als dann der Wanderführer erzählte, dass er hier am Sonntag eingekehrt hat, war der Frust unermesslich.

Cannstatter Zuckerle.

Beim überqueren des Neckars verflüchtigten sich die Gedanken und man genoss das Wandern am Max- Eyth-See entlang. Ein herrliches, kleines Erholungsgebiet.

Nun galt es einen Anstieg zu bewältigen. Durch Wohnsiedlungen führte der Weg hinauf in Richtung Stadtfriedhof und hinaus auf die Felder. Und dann musste plötzlich eine lebenswichtige Endscheidung getroffen werden. Links oder rechts? Nachdem man das Handy, einen Radfahrer und Passanten befragt hatte, war es ein Leichtes, den “Hochflurbesen“ zu erreichen.

Peter hatte reserviert und die DienstagsWanderer durften in einer gemütlichen Ecke Platz nehmen.  Seltsamerweise kam der Wirt mit einer Kiste Mineralwasser an, die er energisch auf den Tisch stellte. Vermutlich sind ihm die vom nicht erhaltenen Cannstatter Zuckerle ausgemergelten Gesichter aufgefallen. Dann kam er aber mit zwei rustikalen Weinkrügen daher, kurze Ansage. „Wer will rot, wer will weiß? Net s’Glas herstrecka, auf am Disch standa lassa“. Upps. Schnell wurde klar , weshalb. Am heimischen Stammtisch geht Tom auch nicht auf den Strich, also auf die 0,25 Markierung, er geht immer etwas drüber, aber hier  wurde das Glas “ebavoll” gemacht, was Gotthard zu der Bemerkung hinriss: “Kasch jo no an Schocha druff macha“.

Gesagt getan, das sah dann so aus. Freunde erhebt das Glas, konnte man schon singen, aber zum ersten Schluck musste das Glas stehen bleiben, denn sonst hätte man das edle Nass “verlebberd“. Spätestens nach dem zweiten Viertele wurde gesungen, wurde über die Sprüche des Wirtes gelacht und als er dann erzählte, dass er auch schon im Fernsehen bei SWR zu Gast war, sorgte Paul mit seinem spontanen Kommentar “des han i mir doch denkt, dass i di irgendwoher kenn“ für Hochstimmung. Gemeinsam mit dem Wirt wurde das Württemberger Lied gesungen, wobei er bei der dritten Strophe um aufstehen und die Hand ans Herz legen bat. Mit weiteren Liedern sorgten die DienstagsWanderer für Stimmung in der Bude. Ein anderer Gast kam an den Tisch. Der Bitte, Platz zu nehmen, folgte er schweren Herzens doch nicht. „I hab scho anderthalb Viertele dronga, i muss hoim, bin halt schon 90“. Schade.

Zwischendurch wurde gevespert und am Ende noch um ein Deißenbauerachtele gebeten, was wiederum eher ein Viertele war. Ein letztes Lied beim verlassen der Besenwirtschaft animierte doch einige Gäste zum Mitsingen. Toll, einfach nur toll. „Wir kommen wieder“. Versprochen. Peter begleitete die Kameraden zum Bahnhof, wo er sie ihrem eigenen Schicksal überließ. Eine letzte Stimmungsrakete wurde im Bahnhof in Horb am Parkautomaten gezündet. Als ob man im Stadion die VfB Mannschaft anfeuern würde, wurden zwei Damen bei der Gebührenzahlung von 15 Fans unterstützt.

Vielen herzlichen Dank an Peter, der wiederum für einen tollen Tag in Stuttgart gesorgt hat. Danke auch an Ute für die S-Bahnfahrerunterstützung. Saumäßig schee war’s.

In diesem Besen ist man nicht zum letzten Mal gewesen.

Nomol-versprocha.

 

2 Antworten auf „Stuttgart-Stadtbild“

  1. Wieder ein tolles Herbsterlebnis mit Großstadt “Geschmäckle”. Für alle Anstrengungen aber Belohnung pur und in reinster Stuagerter flüssiger Form. Alle Achtung und gut gemeistert. Wie immer führte Gerhards Beschreibung den Leser mit auf die Reise. Herzlichst Uschi

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