Dienstag, 22. 09. 2020
Herbstzeitlose. Sie blühen wieder, in den Streuobstwiesen, unter den Bäumen, zwischen den dahinfaulenden Äpfeln. Dahinfaulen, das wollen die DienstagsWanderer ganz bestimmt nicht. Unter den Bäumen liegen und vom Fallobst erschlagen und von Wespen gestochen werden, sicher auch nicht. Blühen? Mit den Gedanken und dem Mundwerk scheinen einige ihren zweiten Frühling zu erleben. Ist doch schön! 22. September. Herbstanfang. Na ja, für Rentner hat längst der Herbst des Lebens begonnen, aber was soll’s?
Als Wanderziel wurde das Seehotel in Hopfau ausgegeben. Um 13:30 Uhr startete die Leinstetter Fraktion und pünktlich um 14:00 Uhr reihte sich in Bettenhausen der Rest der Truppe ein. Vier Wochen hatte man sich nicht mehr getroffen, fast vergessen wie die Kameraden aussehen. Einer hatte vergessen, wo er nach der letzten Wanderung seine Stöcke hingestellt hatte, einer hatte sein Hörgerät vergessen und Gotthard hatte seine Brille vergessen. Nichts hören ist manchmal gar nicht so schlimm, aber nichts sehen, das geht gar nicht. Kein Problem, er hatte ja sein Handy dabei, um Beate anzurufen. Nur, es war kein Smartphon mit Licht und schönen Tasten, nein, aus der Hosentasche zog er ein Handy der ersten Generation, vermutlich von den Kindern aussortiert, also aus dem letzten Jahrhundert, schön klein und handlich. Schön klein auch die Schrift und die Zahlen und beides konnte Gotthard halt ohne Brille nicht lesen. Das Problem wurde trotzdem gelöst, Beate kam, Gotthard sah und ließ sich per Taxi zur Gruppe nachbringen.
Hermann sah er trotz Brille nicht, der schweißgebadet schon nach 500 Metern Anstieg sein drittes “Leck mich doch am….“ zur Fürnsaler Steige hinüberbrüllte, wo die Bettenhausener Mostobstlese in vollem Gange war.
An der ersten Serpentine verließ man das Brachfelder Sträßchen und wanderte vergnügt mit schönen Ausblicken am Hang entlang in Richtung Hopfau. Und plötzlich stand da die Glatthaldehütte aus dem Jahre 1949, also gleich alt wie ein Großteil der DienstagsWanderer.
Hinter der Hütte hatte Gotthard eine Kiste Tannenzäpfle versteckt. Statt ihn zu loben, tadelte ihn Bruno: “Hast du es endlich kapiert”. Okay, auch so kann man seiner Freude Ausdruck verleihen. Genüsslich schlürfte man ein, zwei Fläschchen Bier oder Mineralwasser (auch daran hatte Gotthard gedacht) und im Nu waren die Diskussionen über die nicht geputzten Fenster, über den Wald, über die Langeweile bei der Formel Eins, in der Bundesliga, über Gott und die Welt in vollem Gange. Meinungsverschiedenheiten wurden wie üblich mit Schimpfwörtern und in gehobener Lautstärke ausdiskutiert. Fritz meinte schmunzelnd: “Das ist das, was ich die letzten Wochen vermisst habe”. Herrlich. Herrlich war auch die Aussicht hinunter ins Glatttal, als man hoch über Hopfau den Wald verließ.
Guhl’s standen wie schon wie beim letzten Mal vor dem Haus. Einen runden Geburtstag gab es aber nicht zu feiern und die Frage “wellet ihr an Schnaps“ kam Carlo leider nicht über die Lippen. So wurden die letzten Meter hinunter nach Dobel mit furztrockenem Mund zurückgelegt.
Im Seehotel wartete Wirt Rolf bereits auf die Wanderer. Im Teich vollführten die Fische die tollsten Freudensprünge. Otto saß bereits am Tisch und genoss das herrliche Wetter. Vorschriftsmäßig trug man sich in die Coronaliste ein, desinfizierte die Hände, maß die Abstände auf den Millimeter genau aus, entledigte sich, nachdem man sich ein Bier vom Fürst oder vom Glauner geholt hatte, der Gesichtsmasken. So oder so ähnlich war es. Jedenfalls fühlten sich alle sauwohl, freuten sich über das Zusammensein. Der aufkommende Hunger wurde mit Bierstengeln und Bauernbratwürsten gestillt. Otto erzählte von seinen intelligenten Bienen, die, falls im Tal die Blüten verwelkt sind, auf den Kaltenhof fliegen. Ja das Thema Honig gab mächtigen Gesprächsstoff. Als sich Paul und Otto nicht mehr ganz einig waren, kam glücklicherweise Imkerfrau Ursel dazu. Mit respektvollem Abstand saß sie oben am Teich wie Jesus am Ufer des Sees Genezareth, hörte eine Weile zu und sprach dann zu den Jüngern. Und siehe da, 14 Mannsbilder verstummten und lauschten ihren Worten, unglaublich. Allerdings nicht sehr lange.
Nach und nach trafen die Frauentaxis ein, Rolf verabschiedete die Männer mit einem “ kommet au wieder“ und die Fische schnellten mit winkenden Flossen und aufgestellten Kiemen ein letztes Mal aus dem Teich. Petri Heil, bis zum nächsten Mal.
Hallo Gerhard,
wieder eine Freude, von Eurer so lustigen und erfolgreichen
Wanderung zu lesen. Hatte die Berichte sehr vermisst.
Grüße an alle Wanderer von Uschi aus dem Oberdorf!!!!!!!!!!